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Virtuelle Inbetriebnahme: Reale Inbetriebnahmezeiten verkürzen sich drastisch!

Die virtuelle Inbetriebnahme einer Maschine oder einer Anlage bietet den Vorteil, Funktionen und Maschinenabläufe bereits in der Entwicklungsphase unter Echtzeitbedingungen simulieren, testen und visualisieren zu können.

Dadurch steigt die Qualität der Systeme und die reale Inbetriebnahme fällt deutlich kürzer aus. Das bestätigen auch Fachleute von Trumpf Werkzeugmaschinen in Ditzingen, die seit Jahren mit diesem Verfahren arbeiten.

In früheren Zeiten kamen mechanische Komponenten, Steuerungen und Software erst in der Werkstatt zusammen oder auf der Baustelle beim Kunden. Dabei gab es manche unliebsame Überraschung und in der Folge Zeitverluste durch notwendige Optimierungen.


 Die Grafik zeigt, wie alle Informationen der „virtuellen Werkzeugmaschine“ auf einem PC vereint wurden.
Das kann man heute weitgehend vermeiden, wenn Maschinen und Anlagen bereits in der virtuellen Welt in Betrieb genommen werden. Dazu ist es nötig, das virtuelle Modell der Maschine mit einer echten Steuerung (gegebenenfalls ebenso virtualisiert) und echter Software zu betreiben. Stimmen die virtuellen Modelle, wird hier jeder Softwarefehler oder sonstige Inkonsistenz genauso auftreten wie in der realen Welt. Nur jetzt ist die Fehlerbeseitigung noch recht günstig und schnell zu bewerkstelligen.

Am Ende stehen weitestgehend ausgetestete Systeme hoher Qualität, die den Inbetriebnehmern der realen Anlage kaum noch Kummer machen – zum Vorteil des Herstellers, des Inbetriebnahme-Teams und des Kunden.

Vorbildliche Umsetzung

Trumpf Werkzeugmaschinen, ein international bekannter Hersteller erstklassiger Blechbearbeitungsanlagen mit Sitz in Ditzingen bei Stuttgart, ist schon seit rund zwei Jahrzehnten auf dem Weg, die virtuelle Inbetriebnahme immer weiter zu perfektionieren.


Die Komponenten der „virtuellen Werkzeugmaschine“, wie sie bei Trumpf realisiert wurde.

In einer frühen Phase, von 1985 bis 1991, hat man rein mit Hardwareschaltern und LED-Leuchten gearbeitet, um eine einfache E/A-Simulation durchzuführen. Ab 1992 bis 2000 wurde die Maschine schon per Software nachgebildet, jedoch immer noch ohne Grafik.

Dann kam eine Übergangszeit, von 2000 bis 2003, in der bereits mit grafischer Unterstützung (Visualisierungsmodell über WinMod) und Hardware in the loop (HiL) simuliert wurde. Währenddessen haben die Entwickler in Ditzingen überlegt, wie die 3D-Modelle aus dem CAD-System der Mechanikkonstrukteure (Solidworks) mit in die Simulation einbezogen werden könnte. Dabei stießen sie auf das Tool Tara VR Control von Tarakos in Magdeburg.

Tara VR Control ist ein eigenständiger 3D- OPC-Client zur Darstellung von Prozesszuständen in einer 3D-Szene. Mit dessen Hilfe und einer bei Trumpf selbst geschriebenen Schnittstelle zu Solidworks, sowie Steuerungshardware (HiL), ließ sich eine recht einfache Simulationsumgebung aufbauen. „Wir wollten eine einfache, pragmatische Umgebung für unsere Softwareentwickler und nicht ein komplexes Riesen-Tool, das dann keiner hätte bedienen können“, sagt Dieter Pfisterer, Leiter der Steuerungsentwicklung für Stanz- und Kombimaschinen bei Trumpf.

Ferner war es wichtig, ein durchgängiges und redundanzfreies System zu haben, bei dem Konstruktionsänderungen automatisch auch zu einer Änderung des 3D- Simulationsmodells führen.

Hierfür war unter anderem ein von Trumpf selbst entwickeltes Makro notwendig. „Standardmäßig werden die CAD-Systeme über VRML an Tara VR Control gekoppelt. Das hätte uns aber nicht genügt, weil dabei notwenige Informationen verloren gehen, zum Beispiel die Benahmung der 3D-Modell-Elemente und der kinematische Aufbau der Anlage. Diese Informationen benötigen wir, damit in TaraVRcontrol keine nachträglichen Anpassungen in den 3D- Daten erforderlich sind.  Deswegen haben wir uns damals für das eigenes Makro (Schnittstelle) entschieden,“ so Thomas Bohn, Gruppenleiter SPS Grundlagen-Entwicklung. Dieses kurz skizzierte System wurde 2003 eingeführt.


Virtuelles Modell der Beispielmaschine, Trumatic 7000.

Danach sind die Ditzinger nochmals einen Schritt weiter gegangen. In einer fünften Stufe haben sie die virtuelle Werkzeugmaschine nach dem Prinzip „Software in the Loop“ (SiL) realisiert. Dazu wurden nun auch die gesamte Steuerungshardware, NC, SPS, PLC und Bedienrechner virtualisiert. Seit 2006 läuft alles auf einem PC, „was natürlich den Simulationsaufwand und die Hardwarekosten drastisch reduziert“, so Bohn.

Mittlerweile nutzen rund 20 Entwickler diese Umgebung.

Bevor nun die Schritte der Simulation und deren Ergebnisse diskutiert werden, zunächst ein Blick auf Tara VR Control.

Dynamische 3D-Technologie

Die Software, Tara VR Control, verwendet standardmäßig 3D-Daten im Format VRML 2, die aus 3D-CAD-Systemen oder sonstigen 3D-Tools importiert werden. Mit einem integrierten 3D-Editor lassen sich diese intuitiv anpassen, soweit nötig.

Die Einbindung in bestehende Prozessvisualisierungssysteme wird per automatisch generierter XML-Datei beschrieben. Spezielle Programmierkenntnisse sind daher nicht nötig. Die Laufzeitumgebung des Visualisierungssystems berücksichtigt den 3D-Inhalt als AcitvX-Komponente selbständig.

Die wichtigsten Funktionen der Software sind:

  • Import von 3D-Daten
  • Hinzufügen von dynamisierbaren 3D-Visualisierungsbausteinen, wie virtuelle Sensoren, Antriebe, Statusmeldungen, Zähler, Bewegungsbahnen (aus der mitgelieferten Bibliothek)
  • Verbindung mit OPC-Servern und Auswahl geeigneter OPC-Items
  • Zuordnung von Prozessvariablen aus OPC-Servern oder aus Prozessvisualisierungssystemen zu den 3D-Modelen
  • Integration als ActiveX-Komponente in vorhandene Programmsysteme
  • Darstellung von 3D-Szenen zur Laufzeit mit Animation und gegebenenfalls Fehler- und Fehlerortanzeige (zum Beispiel durch Farbumschlag)
  • Virtuelles „Begehen“ der Anlage
  • Eine spezielle Version als WinCC (Siemens) Add-on ist möglich
  • Die Bedienoberfläche ist wahlweise in Deutsch oder Englisch möglich.

Prozessablauf und Ergebnisse

Bei Trumpf wird Tara VR Control nicht mit allen Funktionsbereichen genutzt. „Wir setzen die Software in erster Linie als Visualisierungssystem ein,“ stellt Thomas Bohn klar.


So sieht die Trumatic 7000 real aus

Der grobe Ablauf sieht folgendermaßen aus:

  • Im ersten Schritt werden die 3D-Daten aus Solidworks über das eigene Makro in das virtuelle Inbetriebnahmesystem überführt. Dabei bleiben alle von der Konstruktion gewählten Bezeichnungen und kinematischen Verknüpfungen der Bauteile alle erhalten.
  • Dann erfolgt die Zuweisung der OPC- Prozessvariablen der Steuerung mit den 3D-Tags der VRML Datei im TaraVRcontrol. Damit wird die Anbindung der Steuerung an die 3D-Visualisierung ermöglicht
  • Danach werden Animation und Analyse durchgeführt.

„Selbst wenn die Modellaufbereitung bei einer komplexen System- Anlage (Maschine inklusive aller Handlinggeräte zur Automatisierung) 10 Tage dauert, rentiert sich das“, bekräftigt Dieter Pfisterer.
Womit wir bei dem Nutzen wären: Neben der deutlichen Verkürzung der realen Inbetriebnahmedauer nennt Pfisterer: „Die Verkürzung der Entwicklungszeit, die Minimierung des Entwicklungsrisikos und die Möglichkeit, das System als Simulator und somit als Ersatz für die reale Maschine zu nutzen.“

Hinzu kommen weitere Vorteile für die Entwickler:

  • Test der kompletten Steuerungsfunktionalität
  • Untersuchung des zeitlichen Verhaltens
  • Kollisionsbetrachtungen
  • Integrative Arbeitsweise der einzelnen Fachabteilungen und somit ein gemeinsames Verständnis zwischen allen beteiligten Bereichen

„Darüber hinaus gibt es zusätzliche Nutzen, zum Beispiel in der Kundenschulung, in der Dokumentation und im Service, bei der Qualitätssicherung, in der Softwareentwicklung von Bedienoberflächen oder auch beim vorab Testen und Simulieren neuer Software-Serienstände“, erklärt Pisterer weiter.

Zukunftsaspekte

Was das System heute nicht bringt, und was sich die Entwickler zusätzlich wünschen, wäre die Darstellung und Auswertung der Vorgänge des Bearbeitungsprozesses. Wie verhält sich das Blech beim Stanzen, beim Umformen beim Biegen usw., so dass dies ebenfalls in die Simulation und die Optimierung schon in der Entwicklungsphase mit einfließen kann.


Trumpf bietet nicht nur Einzelmaschinen, sondern auch ganze Anlagen mit Rohmaterial- und Fertigteil-Handling, für die Blechverarbeitung an.

Von Seiten der CAD-Hersteller wünscht man sich, dass die 3D-Modelle schon besser für Simulationen dieser Art vorbereitet werden, dass sie schon entsprechende Intelligenzen mitbringen, die den Modellaufbau weiter erleichtern würden. Dies könnten Automatismen zur Datenreduktion sein, z.B. die Zurverfügungstellung von Hüllgeometrien, mit dem Ziel den Aufwand für die Modellerzeugung deutlich zu reduzieren.  „Das wäre noch eine Steigerung“, wie Pfisterer und Bohn zum Abschluss meinen.

Beispielmaschine Trumatic 7000

Die neue Trumatic 7000, die hier als Beispiel verwendet wird, kann nicht nur laserschneiden, stanzen, umformen, Gewinde formen, entgraten, markieren – also all das, was andere Kombimaschinen auch können, sondern sie bietet deutlich mehr. Beispielsweise größere und höhere Umformungen nach oben und unten. Und sie kann, was sonst keine kann: Kratzerfrei arbeiten. Zudem legt die Highend-Anlage von Trumpf ein nie da gewesenes Tempo vor, dank zusätzlicher X- und Y-Achsen für den Laserschneidkopf.


Die Gesprächsteilnehmer: Dieter Pfisterer (links) und Thomas Bohn im Vorführzentrum des Unternehmens.

Diese fliegende Optik bewegt sich überlagernd zu den Achsen des Tisches. Für die Koordination einer solch komplexen Kinematik hat Trumpf eine Hochleistungssteuerung, Intramotion MTX von Bosch Rexroth eingesetzt und optimal mit den Möglichkeiten der antriebsbasierten Bewegungssteuerung, Intramotion MLD, kombiniert. Während die übergeordnete NC-Steuerung die Hauptbewegungen des Werkstücks direkt regelt, verfährt die antriebsbasierte Motion-Logic den Laserkopf zusätzlich in einem 52-Millimeter-Radius. Die Überlagerung der beiden Bewegungen erhöht das absolute Verfahrtempo deutlich und verkürzt besonders die Bearbeitungszeit filigraner Teile mit komplexen Konturen und vielen Richtungswechseln. Gleichzeitig glättet sie den Bewegungsablauf des Maschinentisches und verlagert ruckartige Bewegungen in den Werkzeugkopf mit erheblich geringeren bewegten Massen. Damit arbeitet die Maschine wesentlich ruhiger und schwingungsfreier als bisherige Konzepte.

www.trumpf.com

www.tarakos.com

- Karl Obermann -


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